Freitag, 13.09.2024
08:30 - 10:00
Hörsaal 2 CC
S312
Altern, Sterben, Suizid. Wer zieht die Grenzen?
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum sog. assistierten Suizid im Jahr 2020 ist sichtbarer Ausdruck einer gesellschaftlichen Debatte. Die Veranstaltung befasst sich mit einigen Ursachen und Folgen aus geriatrischer und gerontologischer Perspektive.
Entgegen der landläufigen Meinung, das Recht sei in der Lage, eindeutige Grenzen zu ziehen, wird eingangs aus (geronto-)psychiatrischer Sicht argumentiert, dass insbesondere bei älteren Menschen mit rezidivierenden depressiven Störungen bei der Prüfung ihrer „freiverantwortlichen Entscheidung“ zu sterben Gutachter/-innen zu einem anderen Urteil kommen könnten als die oft langjährig behandelnden Ärzte. Ein zweiter Vortrag zur Situation psychisch kranker älterer Menschen diskutiert empirische Belege, nach denen ageistische Einstellungen in Kombination mit inadäquaten Strukturen ihrer gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung den Lebenswillen älterer Menschen negativ beeinflussen können, weshalb der Abbau von gesellschaftlichem Ageismus als primäre Präventionsmaßnahme gelten sollte. Nicht nur im klinischen Kontext, sondern auch in Einrichtungen der Altenhilfe sind Fachkräfte vermehrt mit Anfragen zum assistierten Suizid konfrontiert. Am Beispiel des ASB wird dargelegt, wie Mitarbeiter/-innen eines nichtkonfessionellen Trägers zur ethischen Reflexion und Positionierung befähigt werden können. Ergänzend und abschließend wird darauf hingewiesen, dass die Prinzipien der Suizidprävention und ein leichter Zugang zum assistierten Suizid nicht miteinander vereinbar sind, sodass bei einer Regelung des assistierten Suizids einige wichtige Grundprinzipien zu beachten sind.
Moderation: W. Hewer, Göppingen; K. Aner, Kassel